«Von dir habe ich nur Gutes gehört»: Ausgezeichneter Ruf begleitet Twint auch im 2023
Heutzutage befinden sich die allermeisten Marken in einem starken Wettbewerb. Während für noch unbekannte Marken auch «bad publicity» unter Umständen noch förderlich sein kann, tut gerade eine bereits bekannte und etablierte Marke gut daran, in der Öffentlichkeit allgemein wohlwollend über sich reden zu lassen. Eine Studie zeigt nun, welche Marken in der Schweizer Bevölkerung seit Anfang Jahr besonders positiv oder negativ über sich haben reden lassen.
Anfang Februar berichtete m&k bereits über das erfolgreiche Abschneiden von Twint im Jahr 2022. Der Mobile-Payment-Anbieter war im vergangenen Jahr unter anderem Spitzenreiter bei der gestützten Markenawareness sowie bei der Brand Consideration und der Kundenzufriedenheit. Die Ergebnisse basieren auf einem kontinuierlichen Markentracking des Marktforschungsinstituts Link, welches seit Herbst 2021 wöchentlich 200 der wichtigsten Brands beobachtet und sie aus Konsumentensicht bevölkerungsrepräsentativ misst.
Seit Ende 2022 erhebt die Studie nun auch, über welche Marken jeweils positiv oder negativ gesprochen wird, sei dies in der Werbung oder auf Social Media, aber auch in Gesprächen mit Freund:innen, (Arbeits-)Kolleg:innen und Verwandten. In diesem Fall rückt auch die Quelle (z.B. Werbung, Zeitungsartikel oder persönliches Gespräch) in den Hintergrund, woher man etwas Negatives oder Positives über eine Marke gehört hat. Diese Art von kombinierter Aufmerksamkeit wird auch «Buzz» genannt, wobei zwischen «positivem Buzz» und «negativem Buzz» unterschieden werden kann.
Am stärksten positiv hervorgetan hat sich in den ersten rund vier Monaten des Jahres der Mobile-Payment-Anbieter Twint. Er führt sowohl beim absoluten Höhepunkt als auch beim durchschnittlichen, positiven «Buzz» die Rangliste aller 200 Marken an. Im Mittel gab jede zehnte Person an, in den vergangenen 7 Tagen etwas Positives über Twint gehört zu haben. Die höchsten Werte wurden dabei Ende Februar / Anfang März in den Kalenderwochen 8 und 9 erzielt. Dabei betrug der Spitzenwert knapp 17 Prozent der bevölkerungsrepräsentativ befragten Stichprobe. In dieser Zeit war die Marke Twint aufgrund ihrer anhaltenden Erfolgsgeschichte in den Medien präsent («Bezahl-App auf der Erfolgsspur», «Das einst belächelte Twint hat jetzt über 5 Millionen User»). Interessanterweise war in dieser Zeit nicht nur der Peak des positiven «Buzz» festzustellen, sondern auch der des negativen (4 % der Befragten). Die berichteten Neuigkeiten schienen also nicht alle zu begeistern. Wie in der Grafik festzustellen ist, überwiegt jedoch der positive Tenor, ablesbar an der jeweils deutlich höher verlaufenden, grünen Linie (siehe Chart 1). Der «Buzz Score» (Positiver Buzz abzüglich Negativem Buzz) ist bei Twint mit durchschnittlich 9 Prozent mit Abstand am höchsten.
Mehr negative Berichterstattung, mehr negative Aufmerksamkeit – und vice versa
Auf den nächsten zwei Rängen folgen die SBB und die Migros, welche im Mittel bei jeweils rund 9 Prozent positivem Buzz pro Woche liegen. Beim den negativen Gesprächsthemen sind es die beiden (ehemaligen) Grossbanken sowie der Schokoladenbrand Toblerone, über dessen Situation in diesem Medium ebenfalls ausführlich berichtet wurde. Bei Betrachtung des Buzz Score – also der durchschnittlichen Differenz pro Woche zwischen positiver und negativer Aufmerksamkeit – schafft es eine weitere Marke in die Top 3: der Snack-Hersteller Zweifel. Auffällig ist, dass der negative Buzz stärkere Ausschläge zeigt als der positive Buzz. Ein Grund dafür dürfte der sogenannte «Negativity Bias» sein. Einerseits schenkt der Mensch negativen Neuigkeiten mehr Aufmerksamkeit, was viele Medien wiederum dazu führt, mehr über negative Neuigkeiten zu berichten, um jene Aufmerksamkeit zu verstärken. Positive Nachrichten über Marken dürften es deshalb auch weniger in die News und damit auch in die Gespräche der Bevölkerung schaffen – ganz anders bei negativen Neuigkeiten, was sich bei der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS deutlich zeigte.
In Abbildung 2 ist die kontroverseste Marke, die SBB abgebildet: Einerseits fällt die SBB 9 Prozent der Befragten durchschnittlich positiv auf, andererseits auch rund 9 Prozent der Befragten negativ. In der Abbildung 2 nicht ersichtlich, aber ebenfalls eine erhöhte negative Aufmerksamkeit in der Bevölkerung hatten unter anderem Netflix (6.2 %) und Comparis (5.8 %).
Netflix Nr. 1 auf dem Schweizer Streamingmarkt – doch wie lange noch?
Netflix ist eine weitere Marke, die beim negativen Buzz in den Flop 5 vertreten ist. Den Maximalwert der seit Ende Dezember gemessenen Kennzahl erreichte der Streaminganbieter Mitte Februar, als publik wurde, dass Netflix in seiner über 25-jährigen Firmengeschichte in Europa zum ersten Mal zusätzliche Gebühren verlangt, wenn Kund:innen ihren Account mit anderen Haushalten teilen. Damit einhergehend zeigt das bisherige Allzeittief (seit Messbeginn im September 2021) der Mehrzahlungsbereitschaft bei Netflix: Nur 3.8 Prozent der Bevölkerung waren danach bereit, einen höheren Preis gegenüber vergleichbaren Anbietern zu bezahlen. Auch bei den aktuellen Netflix-Kunden lag dieser Wert bei nur noch knapp 10 Prozent. Die Qualitätswahrnehmung, die positive Grundeinstellung sowie das Markenvertrauen litten hingegen – zumindest kurzfristig – nicht darunter. Gegenüber dem letzten Quartal im Jahr 2021 zeigen diese Kennzahlen bei Netflix-Kunden jedoch alle nach unten (-7.7 Prozentpunkte bei der besonderen Qualität, -12.7 Prozentpunkte bei der positiven Grundeinstellung zur Marke und -5.2 Prozentpunkte beim besonderen Markenvertrauen).
Der negative Trend überrascht insofern nicht, als dass das Thema «Account Sharing» schon länger und immer wieder in verschiedenen Medien präsent war. Bereits im Frühjahr 2022 zeichnete sich ab, dass Netflix dem Teilen von Accounts schon bald einen Riegel vorschieben wird. Auch andere Anbieter wie Disney+ oder Prime Video werden von ihrer Kundschaft kritisch beurteilt und verlieren an Beurteilungsniveau (Disney+) bzw. können dieses höchstens halten (Prime Video). Dies dürfte unter anderem mit dem zunehmenden Konkurrenzkampf zusammenhängen; so gibt es seit Anfang Dezember in der DACH-Region mit Paramount+ einen weiteren Konkurrenten. Je mehr Anbieter sich auf dem Markt tummeln, desto schwieriger wird es, sich positiv hervorzuheben. Im Moment ist Netflix noch mit Abstand die klare Nr. 1 im Schweizer Streamingmarkt. Wie sich dieser Abstand entwickelt, wird sich weisen. Sicher ist: Das Markentracking von Link beobachtet weiter.
Methodensteckbrief
• Grundgesamtheit: Schweizer Wohnbevölkerung im Alter von 15 bis 79 Jahren
• Pro Kalenderwoche und Markensegment rund 250 Interviews pro Marke
• Forschungsmethode: Online-Interviews
• Quotierung/ Gewichtung: nach Alter, Geschlecht und Region interlocked
• Zufallsstichproben aus dem Link Online Panel, das zu 100 Prozent aktiv im Rahmen telefonischer Repräsentativstudien rekrutiert wird und damit mehr als 97 Prozent der relevanten Bevölkerung erreicht; Befragungsteilnehmende werden für jeweils mindestens drei Monate von Folgebefragungen ausgeschlossen
• Befragungszeit: 19.12.2022 bis 30.04.2023
• Projektleitung: Link, Zürich; Stefan Reiser, Managing Director Marketingforschung